1. Ganzkörperübungen
Reiter
Beim Musizieren ist immer der ganze Körper aktiv. Sind wir in den Füßen verspannt, können wir es in der Geläufigkeit der Finger spüren. Hält mein Kiefer fest, ist die Beweglichkeit des Zwerchfells eingeschränkt und beeinflusst somit den Klang.
Auch wenn wir nur Fingern und Lippen oder Fingern und Füßen am Instrument bewegen, ist es wichtig nicht nur diese Körperbereiche aufzuwärmen, sondern alle.
Hier bekommst du zu dem Ganzkörperübungen noch spannendes Hintergrundwissen.
Folgende Übungen gehören zu dem Themenfeld:
1 – Ankommen
2 – Körperscan
3 - Strecken / räkeln / seufzen
4 – Körperdusche
5 – Alge im Wasser
6 – Discofeeling
7 – Brustbeinlifting
8 - Trauerweide
Für mich ist „Ankommen“ eine der elementarsten Übungen. Fürs Musizieren und Konzertieren ist es absolut wichtig, dass du nicht nur körperlich, sondern auch emotional und mental ankommst. Die Übung hilft dir ins Hier und Jetzt auf allen Ebenen zu kommen und fokussiert zu werden.
Durch drei Atemzüge mit dem Fokus auf die langsame Ausatmung ermöglichst du deinem System mal kurz innezuhalten und einen Gang runterzuschalten. Suche dir täglich Möglichkeiten aus, in denen du kurz zur Ruhe kommst. Z.B.: bevor du deinen Instrumentenkoffer öffnest, bevor du deine Noten auf den Notenständer legst, nachdem du dein Instrument gestimmt hast….
Du merkst mit der Zeit, dass du mit den Blitzpausen leistungsfähiger und fokussierter wirst. Viel Freude beim Ausprobieren.
Der Fokus in der Übung liegt auf der Wahrnehmung und dem Spüren der unterschiedlichen Körperteile. Dabei beobachtest du diese, statt zu bewerten. Du wirst wachsam und bereit fürs Musizieren.
Ich zeige die Übungen im Sitzen. Wenn du lieber diese im Stehen oder Liegen machen möchtest, passt dies auch. Gerne kannst du deine Augen schließen, da ich die verschiedenen Körperteile benenne und von den Füßen bis zum Kopf den Fokus setze.
Jetzt wird dein Bindegewebe so richtig gestretcht für viel Klangraum.
Das Bindegewebe verbindet, so wie das Wort schon sagt, alle unsere Körperstrukturen. Auch wenn die Finger, die Atmung oder die Lippen Hauptakteure beim Musizieren sind ist es dennoch wichtig die Verbindung zum Rest des Körpers zu schaffen. Durch genussvolles Räkeln und Dehnen in Verbindung mit der Stimme schaffst du viel Raum für schwingende Töne.
Nach der Übung spürst du dich besser, bist wacher und präsenter. Probier‘s doch mal direkt aus.
Du aktivierst mit der "Körperduschen-Übung" das größte Sinnesorgan deines Körpers, die Haut, damit du dich in Verbindung mit deinem Instrument gut spürst. Die Propriozeption (Tiefenwahrnehmung) wird angeregt und hilft dir, dich besser wahrzunehmen. Das ermöglicht dir direkt und ganzheitlich in die Musik einzutauchen. Du erlebst einerseits eine gute Verbindung zum Boden, andererseits die Verbindung deiner Körpermitte bis zu deinen Fingerspitzen. Du aktivierst darüber hinaus deine Atmung für einen freien und dynamischen Klang.
Stell dir vor, du bist eine Alge im Wasser die hin und her bewegt wird. Wenn du magst, kannst du den Sound des Wassers noch machen. Du bekommst viel Beweglichkeit in deine Gelenke für eine gute Geläufigkeit beim Spielen. Beginne bei den Fingern, Armen, Wirbelsäule, Kopf, Rumpf, Becken, Beine bis der ganze Körper „algig“ sich bewegt.
Die Synovia, die Gelenksflüssigkeit, wird aktiviert und verschafft reibungslose Bewegungen der Knochen aufeinander. Durch den Sound des Wassers aktivierst du deine Atmung. Eine wundervolle Übung vor dem Musizieren als Warming-up oder wenn du lange am PC gesessen hast.
Die Übung „Discofeeling“ verschafft dir einen stabilen Stand, aktive Füße und Motivation fürs Musizieren.
Stell dir vor du bist in einer Disco und dein Lieblingslied wird gespielt. Die Füße fangen an mutig und freudig in alle Richtungen sich zu bewegen. Ein Fuß traut sich sogar ein Solo zu tanzen. Die Knie steigen ein. Nacheinander schwingt dein Körper zur imaginären Musik und wird so richtig in Schwung gebracht. Die Muskeln werden durch die pulsartigen Bewegungen durchblutet und aufgewärmt. Eine wundervolle Übung als Warming-up oder nach langen Orchesterproben.
Eine super Übung für eine optimale Aufrichtung im Oberkörper. Der Schlüssel für eine aufrechte Spielposition liegt in der Aufrichtung des Brustbeins. Ist dies eingesunken kollabiert die Wirbelsäule. Ein Musizieren ist schwer möglich. Richtest du dich nur von den Schultern auf und lässt das Brustbein hängen, so bekommst du schnell Verspannungen im Nacken und in den Schultern, die teilweise zu Schmerzen führen können. Die Idee ist es, sich von innen heraus aufrichten, so dass die Schultern gut hängen können. Nach der Übung ruht die Schulterpartie mehr auf dem Brustkorb und die Anspannung im Nacken lässt nach. Dreimal Brustbeinlifting und schon kanns mit dem Musizieren weitergehen.
Jetzt kannst du mal so richtig Kopf stehen und abhängen. Durch die Übung können deine Bandscheiben sich entlasten und das Nervengeflecht hängen.
Versuche es so langsam zu machen, so dass du Wirbel für Wirbel abrollst. Unten angekommen kann dein Kopf locker hin und her schwingen, als wenn ein Windhauch ihn sanft bewegt. Achte darauf, dass du beim Abrollen die Knie leicht beugst. Wenn du hochkommst, lass dein Steißbein sinken und rolle anschließend Wirbel für Wirbel auf. Richte erst dein Brustbein auf, bevor du ganz zum Schluss deinen Kopf aufrollst. Eine wundervolle Übung nach langen Proben im Sitzen.